18. April 2024

Pioniere der Kardiologie

Details

Werner Forssmann (1904-1979) führte 1929 die erste Herzkatheter-Untersuchung am Menschen, nämlich an sich selber durch. Dabei gelang es ihm, mit einem röntgendichten Ureterenkatheter bis zum rechten Herzvorhof vorzudringen. Diesen Selbstversuch am Krankenhaus in Eberswalde hat er in immer wieder abgewandelter Form beschrieben, doch steht fest, dass er diesen Versuch mit wenigstens zwei Helfern (Kollege und Röntgenschwester) absolvierte. Sein Chef war übrigens dagegen.

Als Forssmann später bei Sauerbruch nachfragte, ob er das neue Verfahren zum Thema seiner Habilitation machen könne, kanzelte ihn dieser mit der Bemerkung ab: »Mit solchen Kunststücken habilitiert man sich in einem Zirkus und nicht an einer anständigen deutschen Klinik!«

Forssmann, Cournand und Richards erhielten 1959 für ihre bahnbrechenden Arbeiten auf dem Gebiet der Kardiologie bezw. der Katheteruntersuchungen den Nobelpreis für Medizin.

André Frederic Cournand (1895-1988) griff zusammen mit Dickinson Richards 1945 die Idee Forssmanns auf und führte den Rechtsherzkatheter in die Kardiologie ein. Ziel waren zunächst Untersuchungen zur Hämodynamik (Messung des Herzzeitvolumens nach dem Fick-Prinzip, Diagnostik des traumatischen Schocks), aber auch zur Diagnostik angeborener Herzfehler. Der wärme-formbare Cournand-Katheter war bis in die 70er Jahre ein fester Bestandteil der sog. kompletten Katheteruntersuchung (Rechts- und Linksherzuntersuchung).

Forssmann, Cournand und Richards erhielten 1959 für ihre bahnbrechenden Arbeiten auf dem Gebiet der Kardiologie den Nobelpreis für Medizin.

Dickinson Woodruff Richards (1995 .- 1973) war der Chef von A. Cournand und motivierte ihn, an der Entwicklung des Rechtsherzkatheters zur Hämodynamik und zur Diagnostik von angeborenen Herzfehlern zu arbeiten. Zusammen mit A. Cournand war er mitbeteiligt an der Methodik zur Messung des Herzzeitvolumen nach dem Fickschen Prinzip.

Forssmann, Cournand und Richards erhielten 1959 für ihre bahnbrechenden Arbeiten auf dem Gebiet der Kardiologie den Nobelpreis für Medizin.

F. Mason Sones (1916 – 1985) entdeckte und entwickelte 1958 die selektive Röntgendarstellung der Kranzgefäße (Koronarangiografie) durch einen Zufall bei einer Routineuntersuchung. Der verwendete Katheter “fiel” gleichsam in die rechte Kranzarterie. Da durch den Katheter Kontrastmittel injiziert wurde, stellt sich die Arterie scharf und kontrastreich dar. Durch die Injektion kam es zu einer vorübergehenden Bradycardie, die durch forciertes Husten überbrückt werden konnte.

Der Zugang erfolgte immer durch chirurgische Freilegung der Oberarmarterie (A. brachialis). Die Methode war der hauptsächliche Grund für die stürmische Entwicklung der Herzchirurgie, da nun die Verengungen der Kranzgefäße und deren Lokalisation mit großer Genauigkeit dargestellt werden konnten. Gleichzeitig und sehr schnell erfolgte die Entwicklung der analogen Cine-Angiografie, mit deren Hilfe das sich schnell bewegende Herz filmisch dokumentiert werden konnte.

Melvin Judkins (1922 – 1985) wurde als 40-jähriger praktischer Arzt nahe Washington an der Oregon Medical School kardiologisch-radiologisch tätig und versuchte unter der Anleitung des Angiologen C. Dotter spezielle Katheter für die Koronarangiografie zu entwickeln. Im schwedischen Lund unter Seldinger gelang es ihm schließlich 1966, den femoralen (Leisten-)Zugang unter Verwendung der Seldinger-Einführungsmethode mit den nach ihm benannten drei Kathetern (linke Herzkammer, linke und rechte Kranzarterie) zu etablieren. Die Methode wurde zur Standardtechnik der Kardiologie bis zum Anfang der 2000er Jahre, als der Handarterien (Radialis)-Zugang häufiger angewandt wurde.

Judkins am Kathetertisch

Rene Favaloro (1923 – 2000) war ein argentinischer Herzchirurg, der an der Cleveland-Clinic 1967 die erste coronare Venenbypass-OP. Bald führte er dann die seither gebräuchliche aorto-coronare Venenbypass-OP (ACVB oder CABG – coronary artery bypass graft) durch. Später kehrte F. nach Argentinien zurück, wo er als Chirurg weiter tätig war und eine Herzstiftung aufbaute. Diese verschuldete sich mit 18 Millionen Dollar auch wegen einer gleichzeitigen Wirtschaftskrise des Landes. Dieser enormen psychischen Belastung zeigte sich F. nicht gewachsen. Er erschoß sich mit 77 Jahren.

Christiaan Barnard (1922.2001) (Chirurg am Kapstädter Groote-Schur-Krankenhaus) wandte 1968 als Erster die Methode der Herztransplantation an und übertrug das Herz eines Unfallopfers, einer jungen Farbigen, auf einen schwer herzkranken Zahnarzt Louis Washkanski. Dieser überlebte die OP um einige Wochen und starb dann infolge einer Lungentzündung wegen eines stark unterdrückten Immunsystems.

Andreas Roland Grüntzig (1939 – 1985) entwickelte die Technik der Ballondilatation der Herzkranzgefäße (Manufaktur am Küchentisch) und wandte sie 1977 am Patienten erstmals an. Er nannte sie „perkutane transluminale Coronar-Angioplastie – PTCA) und wurde damit zum Pionier der sog. interventionellen Kardiologie, die das therapeutische Prinzip in die bis dahin rein diagnostische Methode einführte. Er vervollkommnete die Technik an der Emory-University von Atlanta. 

Heute ist die PTCA oder ihre interventionelle Weiterentwicklung, die PCI die häufigste therapeutische Massnahme der Kardiologie auf interventioneller Basis.

G. starb zusammen mit seiner Ehefrau auf tragische Weise als Privatpilot durch einen bis heute nicht restlos aufgeklärten Flugzeugabsturz.

Ulrich Sigwart (geb. 1951) war mit folgender Situation konfrontiert: Die PTCA als alleinige Massnahme, so wie sie von A. Grüntzig eingeführt wurde, führt zu erneuten Verschlüssen nach Tagen bis Wochen bei 30% der Patienten, und auch zu akuten Verschlüssen noch während der Prozedur bei 5% der Patienten. 

Dies bewog S. zur Entwicklung von Stents (Gefäßstützen) zusammen mit dem französischen Kollegen Jacques Puel.

Er begann damit ca. 1985 und setzte sie als Notfallmassnahme bei Gefäßverschlüssen nach PTCA und ab 1986 routinemäßig nach PTCA (“pure Balloon”) ein. Heute ist die Stenteinsetzung zur Routinemethode der PCI geworden.